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Die ILE Kahlgrund-Spessart

boden:ständig-Preisträger 2022

Eine gruppe Männer positioniert sich um ein kleines, weißes Gerät,das an einem Pickup angebaut ist.
Vertreter des AK Bodenschutz der ILE Kahlgrund-Spessart mit einem Anbaugerät zur Messung der elektrischen Leitfähigkeit
© Ländliche Entwicklung in Bayern/M. Büttner
Gekalkt wurde jahrelang mit magnesiumhaltigen Kalk aus der Region und es brauchte mehr als die Standard-Bodenuntersuchungen, um zu erkennen: die Kationenbelegung der Bodenpartikel ist sehr ungünstig. Magnesium hat in den Ton-Humus-Komplexen die Calciumbrücken verdrängt und das in Böden, die aufgrund ihres magnesiumhaltigen Ausgangsgesteins bereits eine sehr hohe Mg-Sättigung haben. Magnesium ist an den Austauschern leider wesentlich instabiler als Calcium, woraus sich die hohe Verschlämmungsneigung der Ackerflächen erklärt.
Mit wissenschaftlicher Begleitung und unterstützt durch die ILE Kahlgrund-Spessart, die Landwirtschaftsverwaltung sowie das Amt für Ländliche Entwicklung Unterfranken testen die Landwirte verschiedene Kalkdüngungsvarianten. Auf verschiedenen Standorten wurden mehrjährige Kalkdüngungsparzellen angelegt.

Aber das ist nicht alles, wofür die ILE Kahlgrund-Spessart mit ihrem Themenkomplex boden:ständig heuer mit dem boden:ständig-Preis 2022 ausgezeichnet wurde. Neben dem Arbeitskreis Bodenschutz entstanden in der ILE auch zwei boden:ständig-Projekte Kahlgrund und Kleine Kahl. Dort wurden die Brennpunkte der Bodenerosion erfasst und analysiert. Ziel ist es, an den kritischsten Stellen des Projektgebietes mit landschaftsgestaltenden Maßnahmen den Oberflächenabfluss und damit die Erosion sowie die Bodenabschwemmung nachhaltig zu reduzieren.
So ist „aus einem einzelnen Starkregenproblem mittlerweile ein umfassendes Netzwerk (…), eine Bewegung geworden, in der es um die Sicherstellung einer guten Wasserversorgung in der Region geht“, wie der boden:ständig-Beirat in seiner Begründung für die Auszeichnung zusammenfasst.

Nicht nur in gemeinsamen Veranstaltungen zeigt sich, wie gut Regierung von Ufr. (Dr. Liebler), AELF und ALE, mehrere Fachbüros, die Landwirte und Kommunen und sogar das Finanzamt erfolgreich zusammenarbeiten.
Das gute, konstruktive Zusammenwirken der zehn Gemeinden in der Integrierten Ländlichen Entwicklung Kahlgrund-Spessart (Schöllkrippen, Blankenbach, Geiselbach, Kleinkahl, Krombach, Mömbris, Sailauf, Sommerkahl, Westerngrund und Wiesen) - war dabei eine wichtige Grundlage. Das vertrauensvolle Miteinander musste nicht erst mühsam aufgebaut werden, sondern war von Anfang an angelegt. So stehen, auch wenn derzeit nur fünf der Kommunen direkt mit den boden:ständig-Themen befasst sind, alle voll dahinter. Denn sie wissen, dass Wasser nicht an Gemeindegrenzen Halt macht, und dass teilweise Probleme an anderen Stellen entstehen und angegangen werden müssen, bevor sie woanders schmerzhaft auftreten. ILE-Sprecher Marc Babo und ILE-Umsetzungsbegleiter Christopher Batrla sind beherzte Vernetzer, die das Gespräch auf Augenhöhe mit den Projektbeteiligten suchen und den Gesamtprozess unterstützen. Zu den Feldtagen kommen neben den zahlreichen Gemeinden auch interessierte Bürger und Flächeneigentümer.

Die im AK Bodenschutz aktiven Landwirte der ILE haben quasi ‚Kalk geleckt‘: Das neue Wissen schafft neues Interesse, zeigt Handlungsoptionen auf - und das motiviert. Und so steht für den Landwirt Günter Zang fest: Die Bodenchemie kann nur ein Anfang sein. Bodenbiologie und -physik gibt es ja auch noch. Und das ist genau das, wo wir eingreifen. Bodenbearbeitung ist ja nichts Anderes – aber entscheidet letztendlich über einen guten Ackerstandort.
Wie wichtig das Thema den Landwirten ist, wurde auch daran deutlich, dass sie das Zusammenkommen für den Pressetermin im Rahmen der Auszeichnung gleich dafür nutzten, die Versuchsflächen mit einem von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf organisierten Messgerät abzufahren. Die elektrische Leitfähigkeit soll weitere Aussagen über die Lagerungsdichte des Oberbodens bringen.

Neben dem wissenschaftlich begleiteten Bodenmonitoring und den Baumaßnahmen, die derzeit in mehreren Gemeinden in der Bauplanung sind, setzt der AK Bodenschutz auch auf Öffentlichkeitsarbeit und eine weitere Sensibilisierung weiterer Akteure. Schließlich soll das thematische Spektrum um Themen wie Waldumbau zur besseren Wasserversorgung erweitert werden.
Als die Akteure bei der Preisverleihung ihr Projekt kurz vorstellten, entstand plötzlich Unruhe im Saal. Akteure aus den anderen anwesenden Projekten raunten ihren Sitznachbarn zu: „Was machen die genau? Kennst Du da wen? Die müssen wir nachher unbedingt mal ansprechen!“

Die Akteure selber sagen, nach ihren bisherigen Erfahrungen gefragt:
„Hilfreich waren stets das gegenseitig gezeigte Vertrauen und die Wertschätzung der Arbeit der anderen ProjektpartnerInnen. Ohne das gute und offene Miteinander in unserer Projektgruppe würden wir heute nicht dastehen, wo wir jetzt sind. Das ALE Unterfranken wusste durch kluge und durchdachte Moderation uns stets zu unterstützen, zu fördern und zu fordern. Voneinander lernen konnten wir auf vielen Ebenen. Wie funktioniert Landwirtschaft? Wie funktioniert interkommunale Zusammenarbeit? Auf diese Fragen haben alle ProjektpartnerInnen eine (gute) Antwort, egal welchen Hintergrund diese haben. Als problematisch stellte sich der hohe gesellschaftliche Druck heraus, unter dem alle Akteure stehen. Es galt von Beginn an mit aller Kraft ähnliche Schadenereignisse wie 2017 zu vermeiden. Stand heute wird uns das auch gelingen!“
Das starke Engagement und das zielorientierte Handeln aller Akteure haben schnell gezeigt, dass in dieser Gruppe weitergearbeitet werden muss. boden:ständig ist inzwischen ein fester Bestandteil der Kommunen, der ILE Kahlgrund-Spessart, der Landwirte und vieler weiterer regionaler Akteure.

Siehe auch:
• boden:ständig-Projekt Kahlgrund
• boden:ständig-Projekt Kleine Kahl
• Nachricht zu Kalkung und Regenverdaulichkeit
• Internetpräsenz der ILE Kahlgrund-Spessart
• Die ILE bei Instagram
• Die ILE bei Facebook
Bericht im BR
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