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Fehler zur Lehre

Starkregen im Einzugsgebiet Bärnpoint

Projekt: Schickamühle
Erosionsbilder I
Rinnenabfluss (Einkerbungen im Bestand) aus Winterung (11 % Gefälle) in Sommerung, dort breiter Hangmuldenabfluss
© Florian Michl
Es ist peinlich, über einen misslungenen Starkregen in einem alten boden:ständig-Projektgebiet zu berichten. Es sei dennoch gewagt, weil die Ortseinsicht an anderen Stellen gezeigt hat, dass das hier zu schildernde Versagen die Ausnahme ist. Es ist gerade im Kontrast wichtig, um die Folgen von Fehlern oder Unterlassungen zu sehen.

Zu berichten ist von
  • Erosion und Sedimentation im Einzugsgebiet auf großer Fläche – wir schätzen die Massenverlagerung auf mehrere 1000 Tonnen,
  • in Folge Überlast oder Versagen der auch im Rahmen von boden:ständig errichteten Rückhalte- und Entwässerungseinrichtungen und
  • Wassereintritt in die Orte Günzenhofen und die Schickamühle an allen von vergangenen Ereignissen bekannten Stellen.


Erfahrungen
Charakteristisch für die Unwetterfolgen im Einzugsgebiet war starke Erosion.

Zur Erosion braucht es zuerst Oberflächenabfluss. Er entsteht, wenn im Boden weniger Wasser versickert als durch den Regen niedergeht.
  • Oberflächenabfluss war im Einzugsgebiet bei allen Ackerlagen nachzuweisen, das ist zuerst der Niederschlagsintensität geschuldet.
Für hohen Abfluss ist die Verschlämmung der obersten Bodenschicht die wichtigste Ursache. Sie dichtet durch kleinste Bodenteilchen die Bodenporen ab und verhindert nennenswerte Versickerung. Das geschieht in Abflussbahnen, vor allem aber in der Fläche, wenn Niederschläge auf ungeschützten Boden hämmern und die Bodenaggregate zerstören. Die Verschlämmung im Einzugsgebiet haben somit mehrere Faktoren stark begünstigt:
  • Sehr stark aggregatzerstörende Wirkung von Hagelkörnern, die nach Erfahrungen in anderen boden:ständig-Projektgebieten bei ungeschützten Böden annähernd einen Vollabfluss auslösen können.
  • Fehlende Beschirmung des Bodens in den Sommerungen, die im Einzugsgebiet inzwischen die Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzflächen ausmachen.
  • Fehlende oder geringe Bedeckung der Bodenaggregate durch Bodenskelett oder Ernte-/Zwischenfruchtrückstände.
  • ·Zu prüfen ist, welche weiteren relevante Faktoren wie
    • Bodenverdichtung,
    • enge Fruchtfolgen,
    • geringe Vorfruchtwirkung,
    • schwaches Bodenleben,
    • ungünstiges C/N-Verhältnis oder
    • geringer pH-Wert
das Abflussgeschehen beeinflusst haben.

So lange der Oberflächenabfluss langsam fließt, hat er nicht die Energie, Bodenteile mitzureißen. Das ist beim unkonzentrierten, flächigen „Schichtabfluss“ auf den ersten Metern nach Fließbeginn der Fall. Wie lange diese unschädliche Fließstrecke ist, hängt von der Rauigkeit des Bodens ab. Vergleichsweise glatt sind verschlämmte Oberflächen (siehe oben).
  • Gering ist die Rauigkeit fein bearbeiteter Böden, wie sie für Zuckerrübensaaten und Kartoffeldämme charakteristisch sind.
  • Dammkulturen (Kartoffeln) verkürzen den Schichtabfluss auf die minimale Strecke bis zum Dammfuss.
Sammelt sich mehr Wasser, kommt es zum „Rinnenabfluss“. Das Wasser ist hier in der Regel schnell genug, um den Boden mitzureißen. Wie stark das erfolgt, hängt wiederum von der Rauigkeit (siehe oben) und dem Gefälle ab. Im Ergebnis erodierte so beispielsweise auf den Flächen zwischen den Bifängen im obersten Einzugsgebiet eine mehrere Zentimeter starke Bodenschicht.
  • Anbau in Gefällerichtung beschleunigt den Abfluss. Die Spuren ausströmenden Wassers waren am Fuß einiger Mais- und Kartoffeläcker zwischen jeder Reihe zu beobachten.
  • Querdämme, denen eine positive Wirkung zur Abflussbremsung in Kartoffeln nachgesagt wird, gab es nicht.
Die Abflussrinnen münden in den mächtigen Strom des Hangmuldenabflusses im Taltiefsten. Im Einzugsgebiet Bärnpoint ebnete er jeden Bifang ein, der ihm in den Weg kam. Durch das geringere Gefälle und das breite Tal wurde der Abfluss stellenweise so gebremst, dass sich große Schwemmfächer bildeten. An Engstellen, wie der alten Kreppe, erreichte der Abfluss hingegen lebensgefährliche Geschwindigkeiten von mehreren Metern pro Sekunde.
  • Begrünte Abflussmulden am Hangfuß, die an anderer Stelle ihre abmildernde Wirkung auf das Abflussgeschehen wederholt bewiesen haben, gibt es im Einzugsgebiet Bärnpoint nicht.
Gräben, die angelegt wurden, um Wasser abzufangen, verlaufen eher quer zum Gefälle. In Gefällerichtung anströmender Schlamm sedimentierte hier bevorzugt und machte sie nutzlos.


Folgerungen

Das Ereignis bestätigt den boden:ständig-Konsens, dass bauliche Maßnahmen ohne konsequent erosionsmindernden Pflanzenbau sinnarm sind.
  • Der Ackerbau im Einzugsgebiet ist auf großen Flächen nicht ausreichend an den empfindlichen Standort angepasst.
  • Der Abfluss in den Abflussmulden war zu schnell, die Anlage von begrünten, abflussbremsenden Vorbeeten wäre möglich.
  • Wirkungsstärkere bauliche Maßnahmen sollten erfolgen, wenn es möglich ist.
  • ·Die Rückhalte- und Entwässerungseinrichtungen sind unverzüglich in Stand zu setzen, weil die nun vorgezeichneten Erosionsrinnen auch bei noch kleineren Niederschlägen in diesem Sommer weiteren Abfluss erwarten lassen.


Anlass / Problemstellung
Regionale Situation

Am 19.05.22 gab es in den Landkreisen Pfaffenhofen und Kelheim, in einem Streifen zwischen der Stadt Geisenfeld, Aiglsbach und Herrngiersdorf kurze, heftige Gewitter. Es fielen sehr kleinräumig Niederschlagsmengen von bis zu 60,5 mm, davon 54,1 mm in einer Stunde (am Südrand des Dürnbucher Forstes, DWD RADOLAN). Das ist seltener als 100jährlich (DWD KOSTRA).
Die Gewitter trafen mehrere boden:ständig-Projektgebiete. Diese wurden am 25.05.22 in Augenschein genommen. Das festgestellte Schadensbild korrelierte mit den vorab mitgeteilten Schadensmeldungen: Insgesamt waren die Schäden gering, nämlich vereinzelte Erosion in Mais und unzureichend begrünten Hopfengärten, stellenweise Erosion in Kartoffeläckern. Ausnahme war das Einzugsgebiet Bärnpoint, das auf großer Fläche sehr stark geschädigt ist.

Überblick über die Situation im Einzugsgebiet Bärnpoint

Das zusammen ca. 240 ha großen Einzugsgebiet Bärnpoint /Günzenhofen ist in Folge eines verheerenden Niederschlags 2016 Teil des boden:ständig-Projektgebiets „Schickamühle“, Markt Langquaid. Pflanzenbaulich wurde im Einzugsgebiet wenig an die abflussgefährdete Situation angepasst. Der Anteil der Sommerungen an der Ackerfläche beträgt heute etwa die Hälfte und ist damit höher als 2010 (etwa 1/3). Der Markt Langquaid griff baulich an mehreren Stellen ein, um Wasser zurück zu halten und den Abfluss zu lenken. Im Einzugsgebiet der Schickamühle waren die wirkungsvollsten Maßnahmen wegen der Ablehnung der Grundeigentümer nicht durchführbar.

Der Niederschlag am 19.05.22 betrug im Durchschnitt 32,5 mm (DWD RADOLAN, bestätigt durch örtliche Messung – dieser Tageswert kann aufgrund des kompakten Ereignisses als Schätzer für den 60 min – Wert gewählt werden). Das entspricht einem Ereignis von 10 jährlicher Wiederkehrwahrscheinlichkeit. Hinzu kam mäßiger Hagel (Befund, bestätigt durch Anwohner). Zur Wiederkehrwahrscheinlichkeit von Hagelschauern in Verbindung mit Gewittern dieser Stärke ist keine Statistik bekannt, wir gehen von etwa 30jährlicher Wahrscheinlichkeit aus.
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