Die Landwirtschaft und die ländlichen Gemeinden stehen vor großen Herausforderungen. Starkregen und Dürreperioden – Erosion und Trockenheit. Immer wichtiger wird es für die bayerischen Bauern und Bürgermeister, sich intensiv mit der Qualität und den Besonderheiten ihrer Böden auseinander zu setzen. Das Landwirtschaftsministerium ist mit den Ämtern für Ländliche Entwicklung seit Jahren mit der Initiative boden:ständig sehr erfolgreich in Bayern unterwegs und unterstützt Akteure vor Ort, die mit konkreten Maßnahmen auf diese Herausforderungen reagieren.
Zehn dieser engagierten Menschen aus Bayern wurden jetzt ausgezeichnet. Einer davon kommt aus Schwaben: Jürgen Hummel erhielt den mit 1000 Euro dotierten Preis am Mittwoch im Landwirtschaftsministerium. Die Freude war natürlich groß.
Jürgen Hummel wirtschaftet entlang der Gennach auf dem 80 Hektar großen Kreuzhof bei Lamerdingen im nördlichsten Eck des Landkreises Ostallgäu. Er bekam den Preis vor allem für sein Engagement zur Nassbewirtschaftung seiner Wiesen im Wiesenbrütergebiet. Hier hat er sich als Landwirt neue Möglichkeiten eröffnet. Es gehörte auch etwas Mut dazu, wie er selber sagt. „Wir waren ein ganz normaler Milchviehbetrieb und mussten uns irgendwann entscheiden. Mit 80 Milchkühen kommt der Punkt, da muss man ans Erweitern denken. Wir wollten aber nicht immer noch größer werden, also habe ich mich umgeschaut.“
Seine regelmäßig überstauten Wiesen bewirtschaftet er so, wie es vom natürlichen Wasserhaushalt her möglich ist. Damit trägt er auf ganz eigene Weise zum Wasserrückhalt bei und baut teilweise sogar Torfkörper wieder auf. Der Hof liegt direkt an den ökologisch wertvollen Moorwiesen, von denen er 27 Hektar ins Vertragsnaturschutzprogramm aufnehmen ließ. „Als ich mich dazu entschieden hatte, war es wie eine Art Erleichterung“, erinnert sich Hummel. Die Arbeitsschwerpunkte haben sich verlagert, die Familie kann wieder mehr in den Mittelpunkt gerückt werden.
Natürlich konnte sich der Bauer nicht ganz von der Tierhaltung trennen: Er hält 130 Pensionsrinder, die für die Direktvermarktung gemästet werden. Dazu baut er das Getreide und den Mais auf den 45 Hektar Ackerflächen an, auch so schonend wie möglich, versteht sich. Bereits sein Vater hatte zu den zahlreichen Gräben und Wasserläufen im Ried immer einen großzügigen Bewirtschaftungsabstand eingehalten. In den letzten Jahren wurden diese stark erweitert.
„Ich wollte Landwirt im Vollerwerb bleiben. Ich habe gelernt, dass das auch mit Umweltschutzmaßnahmen gelingen kann. Für mich passen die Standbeine sehr gut zusammen und es freut mich, wenn ich den Wachtelkönig hören kann, der wieder auf meinen Flächen brütet.“ Der bedeutendste Beitrag zum Wasserrückhalt wird in den vielen Hektar Wiesenbrüter-Nasswiesen geleistet.
Besonders ist dabei die eingesetzte Technik. Mit Spezialgerät mit Doppelmesserbalken kann er sogar durch Mulden mit stehendem Wasser fahren ohne „Loisa“ zu ziehen oder zu verdichten. Sein Spezialfahrzeug war eine mutige Investition. Als sich gezeigt hat, dass die späte Mahd in den zum Teil wiedervernässten Wiesen funktioniert, konnten sein Onkel und weitere Landwirte in der Nachbarschaft auch gleich überzeugt werden. lnzwischen mäht Jürgen Hummel mit den zwei Doppelmesserbalken ganze 40 ha in der näheren Umgebung.
„Durch Spezialisierung, Diversifizierung und innovative Ansätze kann man in der Landwirtschaft ein gutes Auskommen haben. Aspekte wie Landschaftspflege, Gewässerschutz und Wasserrückhalt werden immer wichtiger und sollten gesellschaftlich noch mehr honoriert werden“, sagt Hummel.
Auf sein nächstes Projekt ist Jürgen Hummel besonders gespannt. Über den europäischen Fonds für regionale Entwicklung nimmt er am Projekt „innovativer Klima-und Moorschutz im Ostallgäu“ teil. Ab 2020 lässt er über regulierbares Wassermanagement bis zu zehn Hektar seiner Flächen zeitweise überstauen. Der Anbau von Paludikulturen, wie Rohrkolben zur Dämmplattenproduktion reizt ihn dabei besonders.
Weiter will Jürgen Hummel den Bodenaufbau stärken. Bei ihm fällt viel Festmist an und das Thema Kompostwirtschaft beschäftigt ihn schon lange. Auch ist ein Ausbau der Leistungen in der Landschaftspflege geplant. „Am Ende fehlt nur die Zeit, noch mehr zu machen“ sagt Jürgen Hummel lachend.
Der Freidenker
Jürgen Hummel, Lamerdingen, Lkr. Ostallgäu
Datum
24. Juli 2019
Regierungsbezirk
Schwaben