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Wo kam das Wasser her?

Kaum Abflussspuren - und doch lief ein Viertel des Regens davon

Projekt: Siegenburg
Hopfengarten, teilweise mit Zwischenfrucht
spurlos verschwunden: Spuren von oberirdischem Wasserabfluss waren hier nicht erkennbar
© Felix Schmitt

Betroffen waren boden:ständig-Gemeinden freilich schon, soweit sie an Flüssen liegen, wie etwa der Markt Siegenburg an der Abens. Die Abens hatte ein etwa 30jährliches Hochwasser und dabei Meldestufe 4 überschritten (Hochwassernachrichtendienst: Pegel Aunkofen). Der Abfluss, der am 31.05.24 nachmittags noch bei ¼ bis ½ m³/s lag, hatte sich bis Mitternacht des Folgetages auf 80 m³ mehr als verhundertfacht.

Beim Nachdenken über das Telefonat beißt sich die Frage fest: Wo kam das Wasser her? Geregnet hat es in der Zeit genug, in Siegenburg bis zu 92 l in zwei Tagen (DWD Wetterstation Siegenburg). Das entspricht dort einem 20 bis 30jährlichen Regenereignis (KOSTRA) – und damit auch etwa der Wiederkehrwahrscheinlichkeit des Hochwassers. In Folge hat der schnelle Abfluss durch das Abenstal in weniger als 4 Tagen etwa ¼ des gefallenen Regens abgeleitet.

Viel Regen – viel Abfluss – aber beides nicht einmal extrem – soweit geklärt? – Nicht ganz, wenn man den Blick auf die Niederschlagsverteilung wirft: Der Regen brauchte viel Zeit, die Niederschlagsmenge anzusammeln. Die maximalen Stundenniederschläge erreichten im Einzugsgebiet mit bis zu 13 l/h nur punktuell den Charakter leichter Gewitter, meist lagen sie bei kaum mehr als 6 l/h. Und hier wird es merkwürdig: Erhebliche Verschlämmung war aufgrund des wohldosierten Regens nicht zu erwarten oder zu beobachten. Dann sollten Niederschläge dieser Intensität selbst in wassergesättigtem, schwach durchlässigem Bogen versickern können. Überwiegend sind sie auch versickert: Der Spitzenabfluss der Abens entsprach einer Abflussspende von weniger als 1 mm/h aus dem Einzugsgebiet. Aber in Summe konnte doch etwa ¼ der Niederschlagsmenge offenbar nicht versickern – jener Teil, der (wie erwähnt) schnell durch das Abenstal abgeflossen ist.

Wo kam diese Menge her? Der Verdacht fällt erst mal auf die versiegelte Fläche. Sie macht im Einzugsgebiet ca. 4 % aus. Selbst im ungünstigsten Fall könnte sie kaum mehr als 20 m³/s aus dem Einzugsgebiet liefern, also etwa ¼ des Spitzenabflusses. Der Rest muss aus einer weit größeren Fläche stammen, die wenigstens (bei Vollabfluss) 10 % bis 15 % des Einzugsgebiets ausmacht, realistischer eher aus dem halben Einzugsgebiet. Unmerklich zwar und ohne Erosionsspuren zu hinterlassen, aber er kam.

Theoretisch müsste die Bodenstruktur, im Zweifelsfall ausreichend viele biogene Makroporen (durch Regenwürmer, Mäuse und dergleichen) das verhindern. Praktisch ist es nicht gelungen. Auch in den umliegenden Einzugsgebieten der Ilm, Glonn oder Großen Laber floss ein ähnlich hoher Anteil des Niederschlagswasser schnell im Flusstal davon. „Möglicherweise“, war eine Aussage im eingangs erwähnten Telefonat, „hätten 10 mal so viele boden:ständig-Projekte auch auf Flusshochwasser eine Auswirkung“- voraus gesetzt, in den Gebieten wird besonders intensiv Wasserrückhalt in der Fläche betrieben. Aber bis dahin zumindest bleibt klassischer Hochwasserschutz unentbehrlich. Zuerst vorbeugend: den Flüssen Raum lassen. Und die Hoffnung des Journalisten, dass viele kleine boden:ständig-Projekte große Polder entbehrlich machen könnten, ist angesichts der fortgeschrittenen Bebauung in den Flusstälern bestenfalls eine Vision für eine ferne Zukunft.

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