„Mei is des schee.“ Diesen Ausruf hören Josef Linner und seine Familie häufig, wenn sie Besuch bekommen. Ihr Bauernhof liegt oberhalb des Pelhamer Sees bei Bad Endorf in Oberbayern. Die Aussicht auf das Wasser und auf die einmalige Landschaft ist sensationell. „Der See hat mein Leben schon immer geprägt. Er ist eng verwoben mit der Geschichte unseres Hofes und unserer Familie. Deshalb will ich etwas zurückgeben“, sagt Josef. Der 33-jährige Landwirt hat sich mit innovativen Berufskollegen zusammengetan und arbeitet mit an neuen Konzepten, um den See sauber zu halten und die eigenen Felder vor Erosion zu bewahren. Sie sind Teil von „boden:ständig“, einer Initiative des Landwirtschaftsministeriums mit den Ämtern für Ländliche Entwicklung in Bayern.
Betroffene zu Beteiligten machen – das ist der Weg, den die Initiative boden-ständig einschlägt, um tatsächliche Verbesserungen für die Umwelt zu erreichen. Am Pelhamer See ist das sehr gut gelungen. Immer mehr Landwirte engagieren sich dort gemeinsam und trauen sich auch an größere Versuche heran. „Wichtig ist die Gemeinschaft, dass wir zusammen etwas ausprobieren, uns trauen neue Wege zu gehen und uns gegenseitig helfen“, sagt Josef Linner. Manchmal klappt etwas auch nicht. „Das Scheitern gehört dazu, das müssen wir dann aushalten und unsere Konsequenzen daraus ziehen.“ Vor ein paar Wochen wurden die Mais-Versuchsflächen besichtigt. Dabei gab es sehr viel Lob und ein bisschen Kritik. Nicht alle Schläge waren vorzeigenswert. „Das Hacken war bei uns heuer nicht sehr erfolgreich. Das ist natürlich ein bisschen peinlich, wenn das von den Berufskollegen gesehen wird.“ Aber das ist eben ein Teil der Entwicklung, findet Josef Linner. Es braucht Mut, sich auf boden:ständig einzulassen und die Bodenbearbeitung neu zu denken.
Und es braucht auch Zeit. „Die muss man uns Landwirten jetzt geben, damit wir unseren Weg finden. Das Ziel muss sein, so wenig Pflanzenschutz wie möglich zu verwenden. Wo es geht wird auf den Pflug verzichtet. Der Humus muss auf dem Acker bleiben, der See soll sauber sein. Wir haben die Probleme erkannt und wollen sie zusammen lösen.“
Linner ist seit 2017 Demobetrieb zum Anbau von Untersaaten. Heuer hat er sich auf das Hägler-Verfahren konzentriert. Dabei kam die Celli Fräse zum Einsatz. Mit ausgeklügelten Arbeitsschritten und flacher Bodenbearbeitung werden Bodenstruktur und Humusaufbau verbessert. Zum gesunden Boden gehört aktives Bodenleben. Je mehr Regenwürmer für den Landwirt arbeiten, umso mehr winzige Drainage-Sickerlöcher entstehen, die dafür sorgen, dass Wasser und Nährstoffe gut aufgenommen werden können und auf dem Feld bleiben, statt in den See zu gelangen. Der Spaten ist daher eines der wichtigsten Werkzeuge geworden für Linner. Regelmäßig kontrolliert er mit ihm, was sich in seiner Erde tut: „Die intensive Beschäftigung mit dem Bodenleben hat mir quasi eine neue Welt eröffnet. Wir können da unten sehr viel erkennen und auch verändern. Boden:ständig bringt neues und altes Wissen und damit auch Bewegung auf unsere Höfe, für mich ist es ein Geschenk, dass ich da dabei sein kann.“
Damit sich etwas bewegt am Pelhamer See brauchen die engagierten Landwirte starke Partner. Daz u gehören die Maschinenringe Rosenheim und Traunstein, die Wasserberater der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Rosenheim, Töging, und Traunstein, Max Stadler vom Fachzentrum Agrarökologie in Pfaffenhofen, Agrarpionier Sepp Hägler aus Wernberg-Köblitz und viele mehr. Entscheidend für den Erfolg sind die Teilnehmergemeinschaft Pelhamer See, in der auch Josef Linner Vorstandsmitglied ist und das Amt für Ländliche Entwicklung Oberbayern, die bei der Beratung der Landwirte aktiv sind und auch bauliche Maßnahmen ermöglichen. Der erste Schritt hierzu war die professionelle Überplanung des Einzugsgebiets. Die Umsetzungsbetreuung hat Franz Knogler übernommen, der mit dem Planungsbüro Anton Lenz auch die weiteren Maßnahmen am Pelhamer See koordiniert.
Enge Zusammenarbeit mit den Grundstückseigentümern ist Knogler wichtig: „Nur durch den guten Konsens der beteiligten Landwirte geht wos weida am Pelhamer See.“ Immer wieder ist es notwendig, Flächen zu tauschen und zu erwerben. Weil dies alles freiwillig geschieht, braucht es viele Gespräche und ein gehöriges Maß an Einfühlungsvermögen – auf beiden Seiten des Verhandlungstisches.
In der Planung wurden die Hotspots festgestellt, also die Punkte, an denen besonders schnell gehandelt werden sollte. Die erste konkrete bauliche Maßnahme wird 2021 umgesetzt. Dabei soll der Doblbach - bevor er in den Brandbach einmündet - auf ca. 490 m Länge verlegt werden. Einträge von Bodenmaterial und Gülle aus angrenzenden, intensiv genutzten Äckern und Wiesen sollen damit weitgehend verhindert werden. Eine Gewässerverrohrung wird beseitigt, eine Ablaufmulde entsteht. Die mit Gräsern und Hochstauden bewachsene Mulde wirkt durch ihre große, raue Oberfläche als Filter für absetzbare Stoffe. Dies ist ein wichtiger Schritt, um die Wasserqualität des Pelhamer Sees zu verbessern. Zusammen mit den positiven Veränderungen, die Landwirt Josef Linner und seine Kollegen erreichen, indem sie ihre Bewirtschaftung noch schonender ausrichten, hat der idyllische See eine saubere Zukunft.
Zeit für eine saubere Zukunft
Landwirt Josef Linner engagiert sich mit der Initiative „boden:ständig“ für mehr Wasserqualität im Pelhamer See
Datum
30. November 2020
Regierungsbezirk
Oberbayern